Eifersucht: Zwei Seiten einer Medaille
„Eifersucht ist dem Menschen nicht nur angeboren,
sie ist auch die alles durchdringende Emotion schlechthin.
Auf alle menschlichen Beziehungen hat sie maßgeblichen Einfluss.“
(Boris Sokoloff: „Jealousy: A psychological study“, 1947)
Fast jeder, der schon mal verliebt war, kennt das Gefühl der Eifersucht. Eifersuchtsgefühle sind sehr stark und beinhalten eine ganze Breite an Emotionen. Laut Paul Mullen, Psychiater aus Neuseeland, weisen von Eifersucht geplagte Menschen folgendes Gefühlsspektrum auf: Verlustangst, Sorgen, Furcht, Wut, Unruhe und Nervosität, Trauer, Scham, Minderwertigkeitsgefühle, und das Gefühl verraten zu sein.
In unserer Gesellschaft wird das Gefühl der Eifersucht oft negativ besetzt. Eifersucht wird häufig mit einem niedrigen Selbstwertgefühl, Unsicherheit,Verlustängsten und mangelnder Kontrolle über die eigene Gefühlswelt in Verbindung gebracht. Einige sehen Eifersucht als nutzlos, und zerstörerisch. Andere glauben, dass Eifersucht ein Beweis echter Liebe ist. Und es kommt sogar vor, dass, um sich der Liebe des Partners zu vergewissern, Eifersuchtsgefühle absichtlich provoziert werden.
In seinem Buch „Wo warst du? Der Sinn der Eifersucht“, stellt David M. Bussi (Psychologie-Professor aus den USA), seine Forschungsergebnisse zum Thema Eifersucht dar. Er befasst sich mit der Evolutionsgeschichte, mit dem Sinn und der Bedeutung der Eifersucht für eine Beziehung, sowie mit negativen und positiven Aspekten der Eifersucht.
Eifersucht begleitet Menschen schon sehr lange. Sie „hat tiefe evolutionäre Wurzeln, die entscheidend für Erfolg und Reproduktionsfähigkeit unserer Vorfahren waren“, schreibt Buss. Die Gründe und Ausprägung der Eifersucht sind evolutionsbedingt bei Männern und Frauen unterschiedlich.
Reproduktionsfähigkeit und Sicherung der Nachkommenschaft spielt in der Entwicklung der Eifersucht bei den Männern eine große Rolle. Die größte Herausforderung für Männer besteht darin, dass sie im Gegensatz zu den Frauen nie 100% sicher sein können, dass die Kinder der Partnerin tatsächlich ihre eigene Kinder sind. Diese Tatsache verleitet die Männer zur erhöhten Wachsamkeit und Eifersuchtsgefühlen in Bezug auf die eigene Partnerin. So könnten Männer das Risiko verringern, Nachkommen eines Anderen aufziehen zu müssen. Eifersucht kann also auch als Abwehrmechanismus im Kampf gegen eine echte Bedrohung gesehen werden.
Reproduktionsfähigkeit und Erfolg spielen auch bei Frauen eine wichtige Rolle. Frauen streben danach, einen gesunden Nachwuchs zur Welt zu bringen. Und in zweiter Linie müssen sie sicher stellen, dass sie einen starken Mann an der Seite haben, der sich um das Kind sorgen wird. So kann es passieren, dass eine Frau „zur Sicherheit“ einen Ersatzpartner sucht, für den Fall, das dem ersten etwas passiert.
Im Rahmen seiner Studien zum Thema Eifersucht stellte Buss fest, dass es einige Unterschiede in der Intensität der Eifersucht und der Gründe für Eifersucht gibt. Die Männer empfinden eine stärkere Eifersucht, wenn es um mögliche sexuelle Kontakte mit anderen Partnern geht. Den Frauen fügt die emotionale Verbindung mit einem anderen Partner einen stärkeren seelischen Schmerz zu.
Wenn man die Kontrolle über die eigene Eifersucht verliert, kann sie auch sehr zerstörerisch auf Menschen wirken. Eifersucht kann die Beziehung durch ständige Kontrolle und Misstrauen „vergiften“ und zu einem ewigen Streitpunkt werden. Es kann dazu führen, dass Partner sich in der Beziehung gefangen und unwohl fühlen und nahezu jede gesellschaftliche Aktivität zu heftigen Auseinandersetzung mit dem Partner führt: somit, so Buss, kann „ein Gefühl, dass zum Schutz der Liebe entstanden ist, die Beziehung zerstören.“
Im Extremfall kann Eifersucht zu häuslicher Gewalt oder sogar zur Ermordung des Partners führen. Geschichtlich gesehen wurden Morde aus Eifersucht weniger strafrechtlich verfolgt als Morde aus anderen Gründen. „Auf der ganzen Welt wird in den entsprechenden Gesetzestexten implizit, aber eindeutig der Tatsache Rechnung getragen, dass die Untreue eines Partners als „gerechtfertigter Grund“ für ein Verbrechen erscheinen kann und der Täter folglich eine weniger harte Strafe verdient als andere Mörder.“ (David M. Buss). So wurde zum Beispiel in Texas (USA) laut Gesetzgebung bis 1974 der Mord an Ehefrauen gar nicht bestraft, wenn der Mord passierte, während die Geliebten im Bett zusammen waren. „Doch auch in Deutschland ist „Femizid“ kein Straftatbestand und sogenannte Trennungstötungen werden meist als Totschlag anstelle von Mord geahndet. Somit wird suggeriert, dass die Tötung einer Frau durch ihren Ex-Partner kein niedriger Beweggrund sei.“ii
Eifersucht ist ein komplexes Gefühl und hat wie vieles im Leben zwei Seiten. Die Menschen sind seit sehr vielen Jahren mit dem Gefühl vertraut und es hat eine wichtige Rolle in der Evolutionsgeschichte gespielt. Wie Sigmund Freud treffend gesagt hat: „Die Eifersucht gehört zu den Affektzuständen, die man ähnlich wie die Trauer als normal bezeichnen darf. Wo sie im Charakter und im Benehmen eines Menschen zu fehlen scheint, ist der Schluss gerechtfertigt, dass sie einer starken Verdrängung erlegen ist und darum in unbewussten Seelenleben eine um so größere Rolle spielt… Über die normale Eifersucht ist analytisch wenig zu sagen.“
iDavid M. Buss „Wo warst Du? Der Sinn der Eifersucht“
iihttps://de.statista.com/themen/6635/gewalt-gegen-frauen/#topFacts